Porsche 917

Vom ersten Gesamtsieg der 24h von Le Mans bis zur Markenweltmeisterschaft. Ein Meilenstein mit 12 Zylindern.

Als Ende der 60er Jahre das Reglement der Sportwagen auf 5 Liter Hubraum erweitert wurde, entschloss sich Porsche zum Bau großkalibriger Rennsportwagen. In Konkurrenz mit erfolgsgewohnten Boliden von Chevrolet, Ferrari und Ford entstand die Modellreihe 917 mit Zwölfzylinder-Motor, von der im April 1969 25 identische Exemplare zur Homologierung vorgestellt wurden. Die Zielsetzung, den Gesamtsieg bei den 24 Stunden von Le Mans zu erringen, war damit jedoch nicht möglich.

Der Aluminium-Gitterrohrrahmen wurde mit einer glasfaserverstärkten Kunstharzverkleidung versehen. Aufgrund des im Jahr 1969 noch sehr unruhigen Fahrverhaltens wurde vor allem das Fahrzeugheck mehrfach überarbeitet. Um auch den unterschiedlichen Rennstrecken gerecht zu werden, entstanden zwei Varianten: Das Kurzheck, auch 917K genannt, sowie das Langheck. Während das Langheck eher für lange Geraden angedacht war, hatte das Kurzheck bei kurvenreichen Strecken Vorteile. Der Wechsel zwischen Langheck und Kurzheck war durch einfachen Tausch der Verkleidung möglich. Zusätzlich gab es auch die offene Spyder-Variante. Die von der Firma SERA in Paris entwickelte Langheck-Variante hatte im Vergleich zum Kurzheck-917 wesentliche Unterschiede. Die Langheckvariante war um 62 cm länger. Mit einem cw-Wert von weniger als 0,30 und einer Motorleistung bis zu 620 PS erwies sich das Langheck-Coupe als das schnellste Fahrzeug des Feldes. Auf der Mulsanne-Gerade wurde eine Spitzengeschwindigkeit von 386 km/h erreicht und damit alle bisher aufgestellten Streckenrekorde gebrochen.

Am 13. Juni 1970 war es dann soweit: Am Start standen sieben 917. Insgesamt gingen 51 Wagen auf die lange Reise, 24 davon kamen aus dem Hause Porsche. Doch Nebel und Regen forderten diesmal auf dem Sarthe-Kurs ihre Opfer. Eine gute Porsche-Platzierung erzielte das Gerard Larrousse und Willi Kauhsen gesteuerte 917 Langheck „Hippie“ mit einem zweiten Rang in der Gesamtwertung. Der Hippie holte sich auch die Trophäe für den wirtschaftlichsten Kraftstoffverbrauch. Der einzige andere 917, der das Rennen in Wertung beendete, war der Kurzheck-Wagen aus dem Salzburg-Team – als Sieger. Hans Herrmann und Dick Attwood sorgten damit für den ersten Gesamtsieg bei den 24h von Le Mans. Diesem Gesamtsieg sollten 1970 noch sechs weitere internationale Siege des Zwölfzylinders folgen. Das sorgte zusätzlich für den Gewinn der Markenweltmeisterschaft.

Ein Jahr später, 1971, gab es dann zum ersten Mal in der langjährigen Geschichte des 24 Stunden-Rennens von Le Mans einen rollenden Start. Und es gab eine Porsche-Rennbeteiligung, wie sie dieses traditionsreiche Rennen noch nie gesehen hatte: Von insgesamt 49 an den Start gegangenen Wagen stammten allein 33 von Porsche. Angeführt wurde die Porsche-Armada von sechs 917 Coupés, drei Langheck- und drei Kurzheck-Versionen. Was in Monza erstmals erprobt wurde, sollte nun die in Le Mans eingesetzten Kurzheck-917 zum Erfolg führen: Die Haifischflossen auf dem Heck.

Einer dieser Flossen-Kurzheck 917 verbarg jedoch unter seiner weißen Kunststoffhaut ein kleines Geheimnis. Anstelle des bewährten Aluminium-Gitterrohrrahmens besaß die Startnummer 22 einen neuen Rahmen aus Magnesium, das um ein Drittel leichter ist als Aluminium. Solchermaßen erleichtert verblüffte der Magnesium-Porsche mit erstaunlichen Fahrleistungen und avancierte zum Geheimfavoriten. Sah es am Anfang nach einem Sieg der Langheck-917 aus, die fünf Stunden lang souverän an der Spitze des Feldes lagen, so ging ab der zweiten Hälfte die anfängliche Zurückhaltung des Fahrer-Teams van Lennep/Dr. Marko im ultraleichten 917-053 mit der Startnummer 22 voll auf. Sie hatten in der 13. Stunde die Führung übernommen. Als sie am Sonntagnachmittag um 16 Uhr die Ziellinie passierten, hatten sie zwei Runden Distanz zum nächstfolgenden Porsche 917 herausgefahren und 31 Runden zum ersten Ferrari auf Platz 3. In 24 Stunden kamen sie auf insgesamt 5335,16 Kilometer – damals absoluter Streckenrekord für Le Mans. Der Schnitt lag bei 222,30 km/h. Damit hatte Porsche 1971 wie auch 1970 Le Mans und Markenweltmeisterschaft gewonnen.

Während insgesamt 59 Porsche 917 als Kurz- oder Langheck oder als CanAm- oder Interserie-Spyder gebaut wurden, gab es von einer Version nur ein Exemplar – ein Einzelstück: Der 917/20.

Der 917/20 geriet zum Zwitter, denn an ihm hatten die Porsche-Techniker, zusammen mit der französischen Firma SERA den Versuch unternommen, ein Fahrzeug zu entwickeln, das die Vorteile des Kurzheck-Modells mit denen des Langheck-Wagens verband. Seine Karosserie war extrem breit und zeichnete sich durch sehr große seitliche Überhänge und stark abgerundete Radausschnitte aus. Bei unveränderter Spurweite saßen die Räder tief in den Radkästen versteckt. Die Nase des Wagens war ebenso tief und flach wie die des neuen Langheck-Coupes, nur kürzer. Der Rennwagen kam völlig unerprobt zum Le Mans-Vortraining im April 1971 und gewann das 3 Stunden-Rennen unter Willi Kauhsen und Reinhold Jöst zum Abschluss der Trainingstage beinahe. Ein Kurzschluss verhinderte eine Runde vor Schluss den Sieg. Beim 24 Stunden-Rennen erwies sich seine Form günstiger, als es die Windkanalversuche erwarten ließen. Allerdings viel der 917/20, an fünfter Stelle liegend, wegen eines Unfalls aus.

Seinen Spitznamen „Sau“ erhielt der Wagen durch seine außergewöhnliche Bemalung. An ihm hatten sich die Künstler des Porsche-Design Studios austoben dürfen. Sie machten ein Schlachtschwein aus dem Fahrzeug, indem sie ihm einen rosa Anstrich gaben und die einzelnen Partien nach Metzger-Art markierten.

1973 drückten dann die 917 Porsche-Rennsportwagen dieser populären Rennserie ihren besonderen Stempel auf. Am Start stand Mark Donohue mit seinem Porsche 917/30, dem stärksten jemals bei Rundstreckenrennen eingesetzten Wagen.